Schon in einer Erzählung des Neuen Testaments muss sich ein eifriger Bibel-Leser diese Frage stellen lassen (Apg 8,30) - und wie sich herausstellt, nicht ganz zu Unrecht! Bibel lesen und verstehen - das ist für jede Zeit und jeden Menschen eine Herausforderung. Manchen mag es mit der Bibellektüre gehen wir dem Apostel Paulus: "Jetzt schauen wir in einen Spiegel und sehen nur rätselhafte Umrisse" (1 Kor 13, 12). Aber ganz ehrlich: Wenn wir in den Spiegel schauen, sehen wir doch im Allgemeinen mehr als nur "rätselhafte Umrisse" , sondern geradezu fotografisch genau unser Spiegelbild - nur eben seitenverkehrt, aber durchaus klar zu erkennen. Was stellt sich Paulus also vor, wenn er diesen Satz schreibt? War sein Spiegel blind geworden oder einfach schlecht poliert?
Wer ein bisschen über das Alltagsleben zur Zeit des Paulus weiß, versteht ihn besser: In der Antike bestanden Spiegel noch nicht aus Glas, sondern einfach aus einem polierten Stück Metall, meist Bronze oder Silber, in dem das Spiegelbild natürlich nicht so klar zu sehen war, wie wir es gewöhnt sind.
Das Leben und die Alltagsgewohnheiten der Menschen in biblischer Zeit zu verstehen, ist also ein spannender und oft hilfreicher Weg, die Bibel besser zu verstehen. Bei diesem Angebot wird es daher schwerpunktmäßig darum gehen, die Methode der Sozialgeschichtlichen Bibelauslegung und einige ihrer Ergebnisse kennen zu lernen: Wie haben Männer und Frauen, Kinder und alte Leute, SklavInnen und Großgrundbesitzer zur Zeit Jesu gelebt? Was haben sie gegessen und angezogen? Wieviel haben sie verdient, und was haben sie an ihren freien Tagen gemacht? Wie funktionierte die Politik?
Falls Sie Interesse an diesen Fragen haben, können Sie einzelne Themenangebote oder einen größeren Kurs bei uns anfragen. Es sind Abendveranstaltungen, aber auch die Gestaltung eines Wochenendes o.ä. denkbar.
Mögliche Themen
"Stadt, Land, Fluss" – Einführung in Welten und Lebensweisen der Bibel
Berge und Täler, Flüsse und Wüsten, Städte und Dörfer prägen die Erfahrungen und Geschichten der Bibel. An ausgewählten Beispielen wird deutlich gemacht, wie notwendig es ist, über dieses Hintergrundwissen zu verfügen, um die Bibel besser zu verstehen.
Weinbergsarbeiter, Verwalter und Großgrundbesitzer: gesellschaftliche und religiöse Ordnungen in Palästina.
Weinberge, Arbeiter, Tagelöhner, Sklaven, Reiche und Arme, Priester und Leviten kommen in der Bibel vor. Wie muss man sich ihre Lebensbedingungen, ihre gesellschaftliche Bedeutung genau vorstellen? Wie beeinflusst dieses Wissen unser Verständnis biblischer Texte?
„…alle Bewohner des Reiches in Steuerlisten einzutragen.“: Steuern, Zöllner, Geld und Herrschaft im Römischen Reich.
Nicht nur in der Weihnachtsgeschichte kommen Steuern und Zölle vor. Welche Bedeutung hat Geld, Macht und Warenverkehr im Römischen Reich, zu dem auch das Heilige Land zählte?
Macht und Sexualität: Warum Salomo 700 Frauen hatte.
Auch die Bedeutung von Liebe und Sexualität ändert sich über die Jahrhunderte. Wie müssen wir biblische Texte, die davon handeln, verstehen?
Gemeinsam an einem Tisch? Wohnen, Essen, Eucharistie und Gemeindeordnung.
Wenn sich urchristliche Gemeinden "im Haus" versammelten, welchen Einfluss hatte die spezielle Architektur antiker Häuser auf die Gemeindeordnung?
„Augen wie Tauben“? Körpersymbolik, Schmuck und Kleidung
Körpersprache und Körpersymbolik sind stark kulturabhängig. Welche Bedeutung einzelne Gesten, Körperteile, Schmuck und Kleidung in biblischer Zeit besitzen ist wichtig für das Verständnis zahlreicher Texte.